Wenn Kinder das Denken meiden – und was das über uns sagt
Warum es keine „denkfaulen“ Kinder gibt – sondern Lernwege, die leiser geworden sind.
Ein Schulheft liegt offen auf dem Tisch.
Dein Kind sitzt davor, den Stift in der Hand.
Die Aufgabe steht klar vor ihm – und trotzdem passiert… nichts.
Du fragst vorsichtig:
„Willst du’s mal versuchen?“
Und bekommst ein Schulterzucken.
Oder ein: „Ich weiß das nicht.“
Oder: „Ich hab keinen Bock auf Mathe.“
Solche Momente tun weh. Weil du spürst, dass mehr in deinem Kind steckt. Weil du weißt, dass es klug ist – aber das Denken gerade auf stumm geschaltet hat.
Doch woran liegt das?
Wenn Kinder keine Lust mehr aufs Denken haben
Es wirkt, als würden sie sich weigern.
Aber in Wahrheit haben viele Kinder gelernt, dass Denken unsicher, anstrengend oder überflüssig ist.
Nicht weil sie nicht wollen – sondern weil wir ihnen (oft unbewusst) gezeigt haben, dass es sich nicht lohnt.
Und das bedeutet:
Wenn ein Kind sich zurückzieht, zeigt es uns nicht sein Desinteresse.
Es zeigt uns das Ergebnis von zu viel Kontrolle, zu wenig Spielraum, zu seltenem Vertrauen.
Vier unsichtbare Stolpersteine – und wie du sie aus dem Weg räumst
1. Wenn wir alle Hindernisse wegräumen
Stell dir vor, du gehst mit deinem Kind durch den Wald.
Bei jedem Ast, jeder Wurzel bückst du dich. Hebst ihn weg. Machst den Weg glatt.
Was lernt dein Kind dabei?
Dass es nur weiterkommt, wenn du den Weg freimachst.
So ist es oft auch beim Lernen.
Wenn Aufgaben zu leicht sind, alles vorgekaut wird, nie echte Knobelmomente entstehen –
verliert das Kind die Fähigkeit, selbst ins Denken zu kommen.
Was du tun kannst:
Gib Aufgaben, bei denen dein Kind erst mal nachdenken muss.
Sag nicht gleich die Lösung – sondern frag: „Was fällt dir dazu ein?“
Erzähl von deinen eigenen Denkfehlern. Das nimmt Druck raus.
2. Wenn Aufgaben klingen wie ein Metronom
„Rechne 14 + 5.
Jetzt 17 + 6.
Und nun 23 + 4.“
Immer gleich. Immer schneller. Immer ohne Überraschung.
Das ist, als würdest du deinem Kind jeden Tag die gleiche Suppe vorsetzen.
Ohne Gewürz. Ohne Topping. Ohne Löffel aus Gold.
Was du tun kannst:
Baue Alltagsbezüge ein: „Wie viele Minuten fehlen noch bis 18 Uhr, wenn es jetzt 17:42 ist?“
Nutze Geschichten: „Die Waldtiere feiern Geburtstag. Wer bringt wie viele Nüsse mit?“
Wechsle das Format: Basteln, Knobeln, Sortieren, Bauen, Rätseln – Mathe kann tanzen!
3. Wenn Denken ersetzt wird durch Vormachen
Stell dir vor, du lernst ein neues Tanzlied.
Aber anstatt selbst mitzutanzen, zeigt dir jemand immer wieder jeden einzelnen Schritt –
und du darfst nur mitwippen.
Irgendwann macht das keinen Spaß mehr.
So geht es vielen Kindern beim Rechnen.
Statt eigene Wege zu finden, werden sie zu reinen Ausführenden gemacht.
Was du tun kannst:
Lass dein Kind eine eigene Lösung zeigen – auch wenn sie anders aussieht.
Frag: „Wie bist du darauf gekommen?“ – und höre ehrlich zu.
Wenn es nicht weiterweiß, gib keine Lösung vor – sondern stelle eine neue Frage.
4. Wenn wir zu viel erwarten – oder das Falsche
Ein Kind, das sich beim Lesen verzählt, wird keine Textaufgabe lösen können.
Ein Kind, das die Zehnerübergänge nicht versteht, kann keine 86 minus 29 rechnen.
Aber wir merken das oft erst, wenn das Kind abschaltet.
Was du tun kannst:
Geh zurück zu dem, was dein Kind sicher kann.
Spiel mit Mengen. Bau mit Klötzen. Leg Perlenketten.
Hol dir bei Unsicherheit Unterstützung – eine Lernstandsanalyse zeigt, wo dein Kind gerade steht.
Und was bedeutet das alles für dich als Mama oder Papa?
Du musst nicht perfekt sein.
Du darfst auch mal ungeduldig, müde oder überfordert sein.
Aber du darfst dir bewusst machen:
Dein Kind braucht keinen Mathe-Coach. Es braucht dich als Denk-Ermöglicher:in.
Jemanden, der nicht bewertet, sondern versteht.
Nicht vorsagt, sondern neugierig bleibt.
Nicht Druck macht, sondern Vertrauen schenkt.
Und wenn ihr Unterstützung möchtet? Ich bin da.
Ich begleite Kinder, die das Rechnenlernen bisher eher meiden –
weil sie sich nicht sicher fühlen oder das Vertrauen in ihre Denkwege verloren haben.
Online, individuell und voller kleiner Mutmomente.
Wenn du denkst:
„So wie bisher geht es irgendwie nicht weiter – aber ich weiß auch nicht, wie anders anfangen“…
Dann lass uns gemeinsam schauen.